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Reaktion der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut

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Am 10. April 2013 sowie am 11. April 2013 postete ich meine Eindrücke anlässlich der Jungweinprobe 2013 der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut. 



So führte ich im Artikel an, dass ich die Verantwortlichen der Vereinigung auf meine Eindrücke aufmerksam machen werde, um Gelegenheit zu einer Reaktion zu geben. In zwei persönlichen E-Mails wies ich den Geschäftsführer der Winzervereinigung zudem darauf hin, dass ich weder seine Weine prinzipiell kritisiere, noch  ausschließen kann, dass meine subjektiven Eindrücke bei der Bewertung der Weine falsch sein könnten. 


Gestern erhielt ich eine Antwort auf meine E-Mail sowie den Artikel. Bevor ich darauf antworte, werde ich die morgige gemeinsame Jungweinprobe der Anbaugebiete Sachsen und Saale-Unstrut besuchen. Ich verspreche mir davon mehr Erkenntnisse, ob es sich bei den beanstandeten geschmacklichen Bitternoten um ein allgemeines Jahrgangsphänomen in den Anbaugebieten handelt, oder doch nur einen einzelnen Erzeuger betrifft. 



Die Antwort erhielt ich übrigens vom Pressesprecher der Winzervereinigung, der in einem Absatz seiner Einlassungen auf die besonnene und professionelle Arbeitsweise von Journalisten hinweist: "(...) das ist die Berufsgruppe, die zunächst gründlich recherchiert, dann wertet und schließlich veröffentlicht. (...)" 



Da der Pressesprecher als Betreiber eines eigenen Pressebüros sicher ebenfalls gründlich recherchiert und wertet, übernehme ich den letzen Part und veröffentliche den Inhalt seiner E-Mail hier gerne. Und das ganz bewusst ohne jegliche Stellungnahme meinerseits, so dass sich jeder sein eigenes, unvoreingenommenes Bild machen kann. Um die Einlassungen des Pressesprechers besser nachvollziehen zu können, habe ich meine Verkostungsnotizen zudem für den allgemeinen Download bereit gestellt.











Sehr geehrter Herr Huub Dykhuizen,

es ist bedauerlich, dass Ihnen unsere Weine nicht munden. Das kommt natürlich in der Weinwelt vor. Da Sie uns aber Ihre Verkostungsnotizen freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben, nutzten wir unsere wöchentliche Qualitätskontrolle, Ihren Wahrnehmungen nachzugehen. Darüber hinaus haben Sie auf Ihrer Webseite Weinfehler benannt, die Sie in unseren Produkten zu erkennen glaubten. Dabei haben Sie so ziemlich alles aufgefahren, was das Lexikon so hergibt - von UTA bis Petrol, gespickt mit einer Liste von möglichen Ursachen. Zugegeben, schwerer Tobak für eine Kellermannschaft.

Ihr Kernvorwurf bezieht sich auf einen Bitterton, den Sie so ziemlich in allen Weinen herausgeschmeckt haben wollen. Wie Sie sicher wissen, gehören Bittertöne zum natürlichen Geschmacksbild. Die Bitterstoffe sollten harmonisch im Wein eingebunden sein. Deren Wahrnehmungsgrenzen unterliegen dabei den subjektiven Fähigkeiten der gustatorischen Mundwerkzeuge. Die Hauptarbeit aber übernimmt das menschliche Rechenzentrum mit seiner mehr oder weniger gefüllten Datenbank. Dort werden Vergleiche früherer Weinproben herangezogen, dort spielen aber auch Erwartungen und persönliche Erlebnisse eine Rolle. Vorlieben, Enttäuschungen, auch Vorurteile sind mit von der Partie. Nicht umsonst geistert auch durch die Winzerkeller die Erkenntnis, dass man vielfach das schmeckt, was man auch schmecken wollte.

Das als kurze Einleitung. Nun also zu den Ergebnissen unserer Verkostung. Ihre Wahrnehmung bezüglich einer verheerenden Dominanz der Bitterstoffe konnte nicht geteilt werden, auch wenn deren Existenz nicht in Abrede gestellt wurde. Diesen Bitterton jedoch quasi als „Kellerton“ herauszustellen, wirkt schon etwas bitter. Dem widersprechen auch frühere Verkostungen durch externe Zungen. So bei den einschlägigen Weinprämierungen auf Landes- und Bundesebene. Dort wurden beispielsweise die meisten der von Ihnen angeführten Weine mit Silber und Bronze belohnt.

Verwunderung riefen auch Ihre Beschreibungen hinsichtlich der beiden angestellten Traminer hervor. Gratulation, lieber Weinbastard, Petrol, Nitroverdünnung und Ethylacetat hat bislang noch niemand in diesen Weinen entdeckt. Auf Ihrer Internetseite war auch die Rede von UTA, Schutzgas oder medizinischen Tönen. Auch dem sind wir nachgegangen, leider ohne Erfolg. Zwei Journalisten – das ist die Berufsgruppe, die zunächst gründlich recherchiert, dann wertet und schließlich veröffentlicht – haben wie Sie an der Jungweinverkostung teilgenommen und durchaus differenzierte Kritik geäußert. Doch auch deren Gaumen kam zu anderen Schlüssen als der Ihre.

Dass an diesem Termin kein Kellermeister anwesend war, ist bedauerlich, war aber einer besonderen Situation geschuldet. Allerdings war die Aussage der beiden anwesenden Mitarbeiter völlig richtig, als sie bezüglich der Abfüllung auf die AP-Nummer verwiesen. Sicherlich finden Sie in einem Wein-Glossar die Erklärung dafür.

Nun noch ein Wort zu Ihren Erlebnissen unter Tage. Auch hier bedauern wir, bei Ihnen solche negativen Eindrücke erzeugt zu haben. Aber gern erinnere ich an dieser Stelle wieder an unser Großhirn, das uns ja schon bei den Geschmäckern so manches vorgaukeln kann. Mal ehrlich, mit Ihren Verkostungsergebnissen im Kopf hätte wohl nicht einmal einer der legendären Sektkeller in Reims eine Chance? Schade, dass Sie, so negativ konditioniert, unserer Reiseführerin durch einen der größten Holzfasskeller Deutschlands nicht richtig entspannt folgen konnten.

Zu Missverständnissen führte offenbar eine Bemerkung hinsichtlich einer sechsten möglichen Geschmacksrichtung. Im Weinglossar von www.wein-plus.eu ist bereits von einer wissenschaftlich gesicherten Zuordnung die Rede. Fett oder fettig könne man demnach schmecken. Und da kommt unsere Buttersäure ins Spiel. Die ist nicht nur per Nase kaum überriechbar, sondern soll auch geschmacklich präsent sein, meinen manche Wissenschaftler. Und darauf bezog sich unsere Mitarbeiterin.

Falls Sie also nicht nur Spott im Sinne, sondern auch Neugier im Herzen tragen, hier noch einige Fakten: Der durchschnittliche Hektarertrag liegt in Deutschland bei 93 Hektoliter. Die Winzervereinigung kommt auf rund 70 Hektoliter, im langjährigen Mittel. Das schließt nicht aus, dass es Jahre mit 88 hl/ha gibt wie im Jahr 2008, aber auch Ausbrecher nach unten wie 2012 mit knapp 39 hl/ha. Trotzdem haben die Genossenschaftswinzer auch in knappen Jahren mit der Grünen Lese die Erträge verringert, zugunsten der Qualität am Stock.

Hinsichtlich Ihrer leider nicht gestellten Frage zu den Glasleitungen hätten Sie von Ihrer Kellerführerin erfahren, dass 1974 aus dem Mangel an Edelstahl in der DDR auf diese außergewöhnlichen Rohrsysteme zugriffen werden musste. Jena liegt nur 50 Kilometer entfernt. Dort wurde aus der Not eine Tugend und bestes Jenaer Glas für die kilometerlange Strecke verbaut. Auch im vierzigsten Jahr noch immer robust und transparent wie am ersten Tag.

Über 8.000 Besucher nutzen pro Jahr die Gelegenheit, einen Blick in die Keller der Winzervereinigung zu werfen. Den unterschiedlichsten Erwartungshaltungen dabei zu entsprechen, gehört zu den schönen und nicht immer leichten Aufgaben unserer Mitarbeiterinnen. Ihre Erfahrungen, lieber Weinbastard, haben wir zum Anlass genommen, über Inhalte und Formen unserer touristischen Angebote weiter nachzudenken.

Da Sie ja „jeder Cent gereut“, erstatten wir Ihnen gern den Eintrittspreis zur Kellerführung von vier Euro retour, das Glas können Sie natürlich behalten. Bitte nennen Sie uns Ihre Bankverbindung.

Sollten Sie mehr über das Anbaugebiet und deren Weine erfahren wollen, empfehle ich Ihnen den Besuch eines unserer Weinseminare, die regelmäßig der Weinbauverband Saale-Unstrut anbietet.


In der Hoffnung, Ihre Fragen umfassend beantwortet zu haben, verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen

Theo M. Lies
Pressesprecher
der Winzervereinigung Freyburg-Unstrut e. G.


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