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Chablis im Dornröschenschlaf?

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Was wie ein verwunschenes Märchen klingt, erscheint bei genauerem Hinsehen auch als ein solches. Wer nach Chablis im deutschen Weinhandel (Fach- und Onlinehandel, Supermärkte und Discounter) sucht, der findet in Teilen allenfalls ein überschaubares Angebot.





Warum ist dem so? Sind es die Auswirkungen der ABC-Welle (Anything But Chardonnay engl. für: Alles außer Chardonnay)? Anfang der 1990er Jahre bildete sich in den USA eine Abneigung gegen Weine aus der Rebsorte Chardonnay. Viele Chardonnays (insbesondere US- und australische Weine) wurden immer alkoholreicher und üppiger, ihnen fehlte es an filigranen Noten und jeglicher Frische, so dass alle Chardonnays mehr oder weniger in Sippenhaft genommen und gemieden wurden.


Weißweine aus Chablis



Dies schien auch für die Weißweine aus Chablis zu gelten, die zu 100% aus dieser Edelrebsorte vinifiziert werden. Und kurioserweise scheint diese Denkweise auch heute noch in vielen Köpfen verhaftet zu sein.


In Deutschland wurde parallel das Bewusstsein für die Qualität der deutschen Weine immer größer, so dass mehr und mehr Weinfreunde zu Weinen aus deutschen Landen griffen und greifen. Daneben erscheint es mir auch ein hausgemachtes „Märchen“ bzw. Problem zu sein. Jüngere Weinfreunde wissen sehr wenig über das Anbaugebiet und deren Weine, so dass ich geneigt bin, von einem echten Image- und Marketingproblem von Chablis in Deutschland zu sprechen.









Das ist sehr schade, da dieses traditionsreiche Anbaugebiet des nördlichen Burgund trotz der einheitlichen Rebsorte so tolle Weine und unterschiedliche Charakteristiken zu bieten haben. Basierend auf den Böden, dem Mikroklima und den jeweiligen Ausbaumethoden (Stahltank oder Barriquefässer) entsteht eine Vielfalt an Weinen, die zum Entdecken einlädt.


Besonders gut gefällt mir die sehr übersichtliche und für jeden schnell ersichtliche Qualitätshierarchie der Anbaugebiete/Appellationen. Grundlage dieser Hierarchie sind die unterschiedliche Qualität der Böden und das jeweilige Klein- oder Mikroklima. Von niedrig nach herausragend sind dieses: Petit Chablis, Chablis, Chablis Premier Cru und Chablis Grand Cru.








Je einen Wein aus diesen unterschiedlichen Appellationen/Qualitätsstufen stellte mir die Sopexa in Zusammenarbeit mit Chablis-Weine und Vins Bourgogne zur Verfügung, die ich hier kurz skizzieren möchte.





Petit Chablis - Domaine Alain Gautheron



Als Erstes probierte meine Verkostungsgruppe (2 Frauen, 1 Mann) und ich den 2011er Petit Chablis aus dem Hause Gautheron; dem Vertreter der niedrigsten Qualitätsstufe AOC Petit Chablis. Aus dem Glas dufteten deutliche Aromen von grünen Äpfeln, Quitte und weißen Blüten. Im Mund erfrischte er mit einer - für diese Region typische - ausgeprägten Säure. Zu den gerochenen Aromen konnte unsere Verkostungsrunde zusätzlich Aromen von Limonen, Minze und schön eingebundene mineralische Noten erschmecken, die ebenfalls typisch für dieses Anbaugebiet sind. Ein toller Start in die Verkostungsrunde, der direkt Lust auf mehr machte.


Cuvée La Part des Anges - Corinne et Jean-Pierre Grossot



Aus der mittleren Qualitätsstufe AOC Chablis öffnete ich eine Flasche des 2010er Cuvée La Part des Anges von Corinne und Jean-Pierre Grossot. Der Name des Weins kann als eine Hommage an den englischen Begriff Angel’s Share (Schluck der Engel) angesehen werden. Dieser Begriff stammt aus der Whiskybrennerei und bezeichnet den Anteil des Whiskys bzw. Weins, der während der Lagerung aus den Holzfässern verdunstetet. Leider war dieser Wein aufgrund eines Korkfehlers oxidiert, so dass auch seine Aromen zu den Engeln gegangen waren. Das ist schon allein deswegen schade, weil ich mich auf die besonderen Aromen dieses Weins gefreut hatte, die von anderen Weinfreunden als sehr nussig, mineralisch und animalisch (Moschus und Lanolin/Wollfett) beschrieben werden.


Les Vaillons Vielles Vignes - Domaine Laroche



Aus der AOC Chablis Premier Cru stammte der sehr aromatische 2010er Les Vaillons Vieilles Vignes der Domaine Laroche. Der erste Probeschluck im Glas duftete sehr verhalten und schmeckt recht leer, was uns direkt dazu veranlasste, den Wein zu karaffieren und erst nach einer Stunde zu verkosten. Welch ein Gewinn an Aromen, hat dieser Schritt an den Tag gebracht. Aus den Gläsern strömt der Duft von reifen Birnen, Blumen und gelben Früchten. Am Gaumen überzeugt der Wein mit seinen gut eingebundenen Holzaromen, nussigen und mineralischen Noten. Die spürbare aber eher verhaltene Säure rundet das Geschmackserlebnis positiv ab. Dem Wein ist deutlich anzumerken, dass er von älteren Rebstöcken stammt, sehr extraktreich und vor allem wunderbar mineralisch, insbesondere die mineralischen Noten hallen im Mund lange nach.


Chablis Grand Cru "Les Clos" - Garnier & Fils



Last not least füllte der 2010er von der Einzellage Le Clos von Garnier & Fils aus der AOC Grand Cru die Gläser unserer Verkostungsgruppe. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Premier Cru von Laroche, karaffierten wir auch diesen Wein. Nach einer guten Stunde betörte dieser Grand Cru mit Aromen von reifer Grapefruit, Stachelbeere und mineralischen Aromen. Der Schmelz und der Körper dieses Weins erinnern an Weine aus Puligny-Montrachet oder Montrachet. Die deutlichen mineralischen Noten machen jedoch deutlich, dass dieser Wein ein klassischer und zugleich moderner Vertreter dieser erlesenen Appellation ist.





Alle vier Weine sind weit davon entfernt, die Vorbehalte der eingangs skizzierten ABC-Trinker zu untermauern. Mit ihren fruchtigen, mineralischen und stets deutlichen Säurenoten sollten sie auch diese Chardonnay-Verneiner ohne weiteres zurück zu dieser edlen Rebsorte führen. Meinen drei Mitverkostern und mir haben die Weine Chablis jedenfalls wieder deutlich näher gebracht und es bleibt zu hoffen, dass die Weine der vielen guten Weinhäuser wieder vermehrt in den Regalen der deutschen Weinhändler auftauchen.






Weitere Informationen über dieses faszinierende Anbaugebiet, sende ich Dir gerne als PDF zu. Kurze Anfrage per E-Mail genügt. À votre santé!



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