Verständlicherweise liebe ich es, wenn Menschen meine Webseite ausführlich lesen. Umso mehr freut es mich, wenn ich zudem Anmerkungen von fachkundiger Seite erhalte. Wie in diesem Fall vom pfälzischen Winzer Markus Hörner. Seine Gedanken stelle ich hier liebend gern ungefiltert vor.
Beim Durchstöbern Ihrer Website bin ich über Ihr Weinwissen, speziell die Weinaromen gestolpert. Hierzu hätte ich ein paar kleine Anmerkungen.
Wein aus Deutschland darf, abgesehen vom Holzeinsatz in Form von Fässern oder Chips, grundsätzlich nicht aromatisiert werden.
Der Enzymeinsatz erfolgt praktisch immer im Most- bzw. Maischestadium. Zweck ist hierbei die Pressbarkeit der Maische und die Klärung der Moste bzw. Weine zu erleichtern. Zum Einsatz kommen hierbei Pektinasen. Pektin ist der Klebstoff, der die Pflanzenzellen miteinander verbindet, der hiermit aufgespalten wird. Selten kommen Pektinasen mit Betaglucosidase Nebenaktivität zum Einsatz, diese Nebenaktivität kann bestimmte Aromen freisetzen, die sind aber schon vorher im Most gewesen, sie werden nur früher aktiviert. Früher deshalb, weil auch die Hefe entsprechende Enzyme bildet, nur in geringerer Menge, die Aromen würden entsprechend später wirksam werden.
Im Übrigen werden Klone nicht gezüchtet, sondern selektioniert. Welcher Klon nun das Original wäre, da liese sich trefflich streiten. Warum nun heute die Weine aromatischer sind als früher? Das ist ein ganzer Korb an Änderungen im Verfahren.
Die Intensivierung der Weinaromatik ist richtig viel Arbeit.
Beginnend in der Anbautechnik. Heute wird weitgehend die Winter- und Wechselbegrünung eingesetzt. Zum Einen wird hiermit die Wasserversorgung der Reben verbessert durch Vermeidung von Konkurrenz und Stress, zum Anderen setzt die Grünmasse im Laufe der Zersetzung Stoffe frei (Huminsäuren), die von den Pflanzen aufgenommen und zu Aromavorläufern verstoffwechselt werden. Laubwandgestaltung ist ein großes Thema, besonnte Trauben schmecken aromatischer und somit auch die Weine. Hierzu wird heute im Bereich der Trauben oft entblättert. Zusätzlich unterstützt dies den passiven Pflanzenschutz, da durch die Besonnung der Beerenhaut härter wird und die Beere selbst kleiner bleibt. Dadurch trockenen die Trauben im Herbst nach Niederschlägen besser ab, werden weniger von Schädlingen befallen, somit können die Trauben länger am Rebstock verbleiben und es werden höhere Reifegrade erreicht mit entsprechend höherem Aromapotenzial.
Im Weinkeller geht das Spiel dann weiter. Früher wurden die Trauebn unmittelbar nach der Ernte auf die Presse gepumpt und fertig. Heute werden die Trauben leicht gequetscht und dann in Bütten über Stunden ruhen lassen. Hierbei werden die zuvor gebildeten Aromen stärker aus Fruchtfleisch und Beerenschale extrahiert. Dann werden die Bottiche auf die Presse gekippt, ohne Pumpe, dies vermeidet die Extraktion von Bitterstoffen. Die Presse selber läuft heute schonend mit Luftdruck, mit Presstüchern eben auch um Bitterstoffe zu vermeiden. Früher wurden die Moste mit allem drum und dran vergoren, Beerenhaut, Kernfragmente, Fruchtfleisch. Der entstehende Alkohol förderte die Extraktion von Fehltönen und die Gärung verlief meist sehr stürmisch. Heute werden die Moste vorgeklärt, alle Feststoffe werden vorab aus dem Pressmost entfernt. Unterstützt wird das ganze noch thermisch, indem Moste und gärende Moste aktiv gekühlt werden um die stürmische Gärung zu vermeiden. Eine stürmische Gärung treibt die Aromen wegen höherer Temperatur aus dem Wein aus, sie gehen verloren.
Durch die schonenden vorausgegangenen Maßnahmen sind im Wein später, im Gegensatz zu früher, keine Korrekturen mehr notwendig, wodurch die folgende Filtration minimiert wird. In der Regel werden die Weine vor der Füllung wenn überhaupt, nur einmal filtriert und fertig. Dies ist wichtig, weil die Aromen nach der Gärung durch die Hefe aktiviert werden und bei jeder Umlagerung Filtration oder Bearbeitung nur noch verloren gehen.
Soweit mein kleiner Streifzug in die Weinaromatik .... es wären noch einige Punkte zu nennen, aber ich denke auch so sollte schon deutlich sein, ein herunterbrechen auf Enzyme und Klone ist doch etwas zu einfach.
Mir bleibt da nur noch zu sagen, dass uns Marko mit 12 Flaschen Wein versorgt hat, deren Aromen wir voraussichtlich Ende Mai mit Freude vorstellen werden.